Der CARE-Index im Rahmen von Psychotherapie- und Beratungsprozessen

Um Mutter/Vater-Säuglings-Dyaden beraten bzw. behandeln zu können, ist ein präzises Verständnis der Beziehungsprobleme unabdingbar. Die Beziehungsprobleme im konkreten Interaktionsverhalten erkennen zu können, eröffnet die Möglichkeit, sowohl die die Eltern behindernden inneren Wünsche, Vorstellungen oder Ängste aufspüren zu können (z.B. im Rahmen von psychoanalytischen/tiefenpsychologischen Beratungs-/Therapieprozessen) als auch konkrete Hilfestellungen und Verhaltensanleitungen für ihr Verhalten in der Interaktion geben zu können (z.B. im Rahmen von verhaltenstherapeutischen Beratungs-/Therapieprozessen).

Der CARE-Index unterscheidet beim Erwachsenen drei unterschiedliche Formen des auf ein Säugling Bezogen-Sein-Könnens (sensitives, kontrollierendes und unresponsives Verhalten) und vier unterschiedliche Formen der kindlichen Adaption an dieses Erwachsenenverhalten (kooperatives, überangepasstes, schwieriges und passives Verhalten). Durch diese Unterscheidung lässt sich der CARE-Index sehr gut als diagnostisches Instrument im Rahmen von Behandlungsprozessen nutzen. Es ist dadurch möglich sowohl ungünstiges Erwachsenenverhalten zu erfassen und im konkreten Interaktionsverhalten nachzuweisen als auch (anfängliche) pathologische Verhaltensweisen bzw. frühe Abwehren des Kindes (Freiberg 2003) zu identifizieren. Hierdurch kann man anhand des konkreten Interaktionsgeschehens verstehen, wie aus Beziehungserfahrung Struktur wird. Potentiell pathologische Entwicklungen in den ersten Lebensmonaten erfassen zu können, ist naturgemäß schwer, da sich ja erst allmählich die innerpsychischen Strukturen und Instanzen entwickeln und so auch oft bedenkliche Entwicklungen nicht deutlich erkennbare Strukturen aufweisen (können). Ein Erkennen von möglichen pathologischen Entwicklungspfaden des Säuglings ist für die Generierung von auf den Säugling bezogenen Behandlungszielen unabdingbar.

Durch diese Unterscheidungsmöglichkeiten lässt sich die evtl. vorhandene pathologische Auswirkung einer psychischen Erkrankung des Erwachsenen auf das Kind erfassen sowie eine Veränderung/Besserung feststellen.

Auch das Ausmaß/die Intensität der bereits beim Säugling eingetretenen pathologischen Beeinträchtigung lässt sich durch die Anwendung des CARE-Index bestimmen.
Hierzu wird der Säugling mit einer anderen Person (die über eine andere psychische Struktur als die Bezugsperson verfügt) in seinem Interaktionsverhalten videografiert. Je stärker die pathologische Entwicklung im Säugling schon verankert ist, umso deutlicher zeigen sich die pathologischen Verhaltensweisen auch mit der anderen Person.